

Entwicklungsgeschichte der Romantheorie
pp. 11-70
in: , Romantheorie und Erzählforschung, Stuttgart, Metzler, 2005Abstract
Das Wort ›Roman‹ ist wesentlich jünger als das literarische Phänomen, das mit ihm bezeichnet wird. Im deutschsprachigen Raum taucht es erst im 17. Jahrhundert als Entlehnung aus dem Französischen auf. Als ›romanz‹ wurde im Frankreich des 12. Jahrhunderts zunächst jede Erzählrede bezeichnet, die nicht in der Sprache der Gelehrten, der ›lingua latina‹, sondern in der Sprache des Volkes, der ›lingua romana‹, dargeboten wurde. Da die altfranzösischen ›Romane‹, anders als die sog. chansons de geste‹ (Heldenlieder), nicht vorgesungen, sondern vorgelesen wurden, konnte man bei ihnen auf das mnemotechnische Hilfsmittel des Verses verzichten. Am Ende des Mittelalters verstand man daher unter ›romanz‹ eine Erzählung in ungebundener Rede. Im Humanismus schließlich setzte sich die Erkenntnis durch, dass Prosaromane statt von historischen von erfundenen und wunderbaren Begebenheiten handeln (vgl. Vossler 1965, S. 2).