

Grundlegung der quantitativen induktiven Logik
pp. 138-172
in: , Induktive Logik und Wahrscheinlichkeit, Berlin, Springer, 1959Abstract
In diesem Abschnitt beginnen wir noch nicht mit der Skizze der quantitativen induktiven Logik, sondern beschränken uns darauf, jene Sprachsysteme kurz zu beschreiben, in bezug auf welche die induktive Logik entwickelt wird. Diese Systeme werden eine relativ einfache Struktur haben und vor allem als einzige Variable Individuenvariable enthalten, die sich auf einen höchstens abzählbar unendlichen Bereich beziehen. Die Sprachen der Naturwissenschaften besitzen eine viel komplexere Struktur. So etwa werden in der Physik Raum-Zeit-Punkte durch ihre Koordinaten dargestellt; für diese Darstellung aber benötigt man reelle Zahlvariable. Ferner treten dort meßbare Quantitaten, wie Länge, Masse usw., auf, die ebenfalls in den Systemen ß nicht beschrieben werden können. Dagegen kann man hier absolute Häufigkeiten (die Kardinalzahlen von Klassen bzw. Eigenschaften) und damit auch relative Häufigkeiten ausdrücken. Die Übertragung der Ergebnisse der für die Systeme ß dargestellten induktiven Logik auf solche Sprachen, die sich zur Wiedergabe moderner naturwissenschaftlicher Theorien eignen, bleibt eine Aufgabe für die Zukunft. Es wäre unberechtigt, die relative Einfachheit der Systeme S als einen Einwand gegen die induktive Logik vorzubringen. Man muß bedenken, daß die deduktive Logik, zunächst in der Gestalt der Aristotelischen Logik, aber auch später in der Gestalt der ersten symbolischen Logiksysteme, die von Boole und seinen Nachfolgern geschaffen wurden, sich auf wesentlich einfachere Sprachen beziehen, als es die hier zugrunde gelegten Systeme ß sind. Es hat dort, von den ersten Anfängen bei Aristoteles an gerechnet, mehr als zweitausend Jahre gedauert, bis es Frege gelang, ein System der deduktiven Logik von viel größerer Komplexität zu konstruieren. Man kann daher nicht verlangen, daß es bereits beim ersten Versuch gelingen müsse, eine induktive Logik von analogem Reichtum aufzubauen.