

Die Realität und ihre Risse
pp. 9-16
in: Gabriele Brandstetter, Sabine Doering, Günter Blamberger (eds), Kleist-Jahrbuch 2007, Stuttgart, Metzler, 2007Abstract
In einem seiner Essays erzählt Daniel Kehlmann von dem Dozenten Dr. S., dem er als junger Student an der Universität begegnet ist. Dr. S. war ein trauriger Mensch, der nur ungern las, der aber in literaturtheoretischen Fragen über sehr klare und krisenfeste Ansichten verfügte. Historische Romane solle man, erklärte er in seinem Seminar, als Germanist besser meiden, sie seien allesamt »unzuverlässig und trivial«, letztlich also minderwertig. »Alle?« fragten die Studenten zurück. »Alle, antwortete Dr. S. Man lebe im Heute, und wer sich anderen Zeiten zuwende, verfalle dem Eskapismus.«1